Arbeitsrecht

Mehrfachkündigung einer Schwangeren ist nicht wirksam – Urteil des Arbeitsgerichts Berlin unter dem Aktenzeichen 28 Ca 18485/14

 

Die Kündigung – insbesondere die mehrfache Kündigung – einer Schwangeren, muss diese nicht hinnehmen. Denn weiß der Arbeitgeber von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin, so ist die Kündigung wegen des gesetzlichen Kündigungsverbots unwirksam. 

Im vorliegenden Fall arbeitete eine „Rechtsanwaltsfachangestellte“ für einen Anwalt in dessen Kanzlei.

 

Am 11.06.2014 versuchte der Anwalt das Arbeitsverhältnis während der noch andauernden Probezeit zu kündigen, obwohl seine Angestellte ihm zuvor ihre bestehende Schwangerschaft mitgeteilt hatte.

Das Arbeitsgericht Berlin stellte danach fest, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe, da die zuständige Schutzbehörde nicht kontaktiert wurde.

 

Die behandelnde Ärztin der Arbeitnehmerin sprach ein sogenanntes individuelles Beschäftigungsverbot ab dem 01.07.2014 aus.

Mit Schreiben vom 18.12.2014 versuchte der Anwalt seiner Angestellten aus wichtigem Grund zu kündigen. Er gab an, dass das Beschäftigungsverbot am 13.12.2014 ausgelaufen sei und er schon im Schreiben vom 14.07.2014 darauf hingewiesen habe, dass er sich eine fristlose Kündigung bei unentschuldigtem Fehlen vorbehalten werde.

 

Die Angestellte reichte Klage ein und gab an, dass der voraussichtliche Geburtstermin der 25.01.2015 sei, sodass die Kündigung in das gesetzliche Beschäftigungsverbot falle. Sie wollte mit der Klage erreichen, dass festgestellt wird, dass die Kündigung nicht wirksam ist. Außerdem machte sie eine Geldentschädigung geltend. 

Das Arbeitsgericht Berlin stellte die Unwirksamkeit der Kündigung fest, da diese gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoße. Auch die Forderung einer Geldentschädigung erwies sich dem Gericht als berechtigt, denn die Angestellte wurde durch das Verhalten des Anwalts benachteiligt. Zwar gab der Anwalt an, er habe damit gerechnet, dass die Schwangerschaft zum 13.12.2014 „schon anders beendet“ gewesen sei, doch lieferte er für diese Annahme keine Anhaltspunkte. Somit hätte er von der Fortdauer der Schwangerschaft ausgehen müssen und hätte die Angestellte nicht einer solchen Belastung aussetzen dürfen.

 

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Rechtsmissbrauch durch Schein-Bewerbungen? – Beschluss des Bundesarbeitsgerichts unter dem Aktenzeichen 8 AZR 848/13 (A)

 

Der Europäische Gerichtshof hat über die Frage zu entscheiden, ob auch derjenige, der eine Bewerbung nur zur Erreichung des Bewerberstatus verschickt, um dann Entschädigungsansprüche geltend machen zu können, "Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit" sucht.

Sofern diese Frage bejaht wird, ist weiterhin zu klären, ob ein Bewerber, der den Bewerberstatus nicht im Hinblick auf eine Einstellung und Beschäftigung, sondern zwecks Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen erreicht hat, nach dem Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

Die Klärung dieser Fragen durch den Europäischen Gerichtshof wird eine wichtige wegweisende Entscheidung sein.

 

Im vorliegenden Fall bewarb sich ein Rechtsanwalt, der bereits seit vielen Jahren tätig war, auf ein Traineeprogramm eines Versicherungskonzerns, obwohl er die für das Traineeprogramm geforderten Voraussetzungen nicht erfüllte. Das Traineeprogramm richtete sich an Bewerber bestimmter Fachrichtungen mit sehr gutem Hochschulabschluss, der nicht länger als ein Jahr zurückliegt.

Der Rechtsanwalt wurde als Bewerber abgelehnt und forderte daraufhin eine Entschädigung in Höhe von 14.000 EUR von dem Versicherungskonzern. Dies begründete er damit, dass er sich aufgrund der Formulierung der Ausschreibung bezüglich seines Alters diskriminiert fühle.

Da der Versicherungskonzern 100% der Traineeplaätze für Jura an Frauen vergeben hatte, obwohl die Bewerber zu fast gleichen Teilen männlich und weiblich waren, gab er an, sich auch wegen seines Geschlechts diskriminiert zu fühlen.

 

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist es verboten, Menschen wegen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität zu diskriminieren.

Also dürfen auch Bewerber nicht aufgrund einer dieser Merkmale benachteiligt werden. Wird gegen diesen Grundsatz verstoßen, kann der Bewerber seinen dadurch erlittenen materiellen und immateriellen Schaden ersetzt verlangen. Dadurch sollen Bewerber vor Ungleichbehandlungen geschützt werden.

 

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass es sich bei dem Rechtsanwalt nicht um einen echten Bewerber im Sinne des deutschen Gesetzes handelt. Allerdings muss nun der Europäische Gerichtshof Antworten auf die anfänglich gestellten Fragen geben, damit das Bundesarbeitsgericht ein rechtmäßiges Urteil fällen kann, denn Schutz vor Diskriminierung ist wichtig. Es ist allerdings fraglich, ob auch Scheinbewerber einen solchen Schutz genießen sollten.

 

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Mindestlohn bei Entgeltfortzahlung - Urteil des BAG vom 13.5.2015 unter dem Aktenzeichen 10 AZR 495/14

 

Das BAG hat am 13.05.2015 im o.g. Urteil entschieden, dass sofern für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden eine Mindestlohnregelung Anwendung findet (hier: TV Mindestlohn für pädagogisches Personal), diese für die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Arbeitsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 und  § 4 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (im Folgenden EFZG) maßgeblich ist, wenn die Mindestlohnregelung selbst keine abweichenden Bestimmungen enthält. 

Vorliegend war die Klägerin seit dem 01.02.2008 bis zum 31.03.2013 bei der Beklagten als pädagogische Mitarbeiterin beschäftigt und arbeitete für eine Bruttovergütung von 1546,15 € bei 33,5 Std. pro Woche. Für die Monate August 2012 bis März 2013 nahm die Beklagte dann auf Basis der Mindeststundenvergütung von 12,60 Euro brutto eine Nachberechnung

des Entgelts der Klägerin vor. Hierbei berücksichtigte sie jedoch weder ausgefallene Arbeitszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit noch aufgrund von Feiertagen, sondern berechnete nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und Urlaubsstunden in Höhe von insgesamt 993,25 Euro brutto.

Das Bundesarbeitsgericht entschied dann auf die Revision der Beklagten, dass auch derjenige, der krank ist, einen Anspruch auf Mindestlohn hat und wies die Revision ab. Vor allem berief es sich hier auf das Entgeltfortzahlungsgesetz.

„Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Arbeitsunfähigkeit in Höhe der Mindeststundenvergütung des § 3 Nr.1 TV Mindestlohn ergibt sich aus § 2 Abs. 1 sowie § 3 Abs.1 iVm. § 4 Abs.1 EFZG und dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Entgeltausfallprinzip.“ – so das BAG.

Zunächst betrifft das Urteil Arbeitnehmer in Aus- und Weiterbildungsfirmen, so dass abzuwarten bleibt, welche Auswirkungen dieses Urteil auf den bundesweiten Mindestlohn haben wird, der seit dem 01.01.2015 gilt.

 

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Betriebsübliche Arbeitzeit auch ohne Regelung im Arbeitsvertrag – Urteil des BAG unter dem Aktenzeichen 10 AZR 325/12

Das Bundesarbeitsgericht hat am 15.05.2013 im o. g.  Urteil entschieden, welche Arbeitszeit zugrunde zu legen ist, wenn im Arbeitvertrag dazu nichts geregelt ist. In dem Vertrag der klagenden Arbeitnehmerin war vereinbart worden, dass sie als „außertarifliche Mitarbeiterin“ mit einem Jahresgehalt von ca. 95.000,00 € beschäftigt wird.

Zur Arbeitzeit war lediglich geregelt, dass sie „auch außerhalb der betrieblichen Arbeitszeiten“ tätig werden sollte.

Bei der Arbeitnehmerin sammelten sich dann während des Vertragsverhältnisses 700 Minusstunden an. Deshalb forderte die Arbeitgeberin sie auf, die betriebsübliche Arbeitszeit von 38 h in der Woche künftig einzuhalten. Als die Arbeitnehmerin dieser Aufforderung nicht folge kam, wurde ihr Gehalt gekürzt. Aufgrund dessen klagte die Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht, mit dem Argument, dass sie die betriebsübliche Arbeitzeit nicht einhalten müsse, weil ihre Arbeit nicht zeitlich zu messen sei. Sie habe die festgelegten Arbeitspflichten immer erfüllt.

Das Gericht entschied gegen die Arbeitnehmerin. Einem Arbeitsvertrag lege die betriebsübliche Arbeitszeit zugrunde, auch wenn dies nicht explizit geregelt worden ist.